Christian Stöcker widmet sich auf Spiegel.de der E‑Mail und beschreibt eine Entwicklung, die in diesem Blog schon häufiger Thema war (“Warum E‑Mail Marketing gerade durch die Decke geht (und Social Media eine strategische Sackgasse sein kann”):
Die E‑Mail, mit ihren 44 Jahren ältestes Kommunikationsmittel der Internet-Ära, ist nicht nur höchst lebendig, sie erlebt gerade ihren zweiten Frühling.
Da kann ein Internet-Unternehmen noch so mobil, volldigital, socialdings und so weiter sein — ohne E‑Mail kommen sie alle nicht aus. Im Gegenteil, jetzt legen sie erst richtig los.
In die Beobachtung passt die Meldung, dass das Foto-Netzwerk Instagram seit einigen Tagen auf E‑Mail Marketing setzt (“Instagram ‘highlights’ emails hitting your inbox soon”), über die auch Stöcker in seinem Artikel berichtet:
Das Foto-Netzwerk, für das Facebook einst eine Milliarde Dollar hinlegte, verschickt E‑Mails an seine Nutzer, und zwar zum ersten Mal in der Firmengeschichte.
Das magische Wort lautet hier, wie bei Twitter und RestEngine, “re-engagement”: Wenn den Netzwerken Nutzer verloren gehen, vielleicht, weil die mit dem ganzen Fotos-Ansehen und Tweets-Lesen nicht mehr nachkommen, werden sie per E‑Mail freundlich daran erinnert, doch mal wieder reinzuschauen.
Es ist spannend zu beobachten, dass auch der klassische Newsletter seit einiger Zeit eine Renaissance erlebt und für diverse “E‑Mail Only” Start Ups die Grundlage für des Geschäftsmodells ist (dazu auch: “Wie aus einem Newsletter ein Unternehmen mit 14 Millionen Euro Umsatz wurde”):
Auch in der traditionellen Medienbranche ist E‑Mail plötzlich wieder ein heißes Stückchen Technik, wie der Medienjournalist Stefan Niggemeier am Wochenende in der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” konstatierte. “Handelsblatt”-Chef Gabor Steingart, “Focus”-Chef Ulrich Reitz, “Tagesspiegel”-Chef Lorenz Maroldt, “Bild”-Politikchef Bela Anda, alle schreiben ihren Lesern jetzt direkt. Jeden Tag. Nur auf Wunsch, versteht sich.
Nun könnte man in Häme über die Bräsigkeit deutscher Chefjournalisten ausbrechen — ausgerechnet E‑Mail! -, wären da nicht diese ganzen furchtbar hippen Medien-Start-ups aus Amerika, die genau das Gleiche machen. Oder zumindest fast, nur noch ein bisschen radikaler: Während Steingart, Maroldt und Co. durchaus noch versuchen, den E‑Mail-Leser mit dem einen oder anderen Link ins eigene Blatt zu locken, verzichten die E‑Mail-Hipster aus den USA selbst darauf.
Die Bezeichnung “E‑Mail-Hipster” sollten wir uns sicherlich auch merken ;-)
Stöckers Fazit:
Die E‑Mail ist deshalb nicht totzukriegen, weil wir zwar alle permanent unter ihr leiden, aber es auch einfach nicht lassen können, immer noch eine aufzumachen. Sterben wird sie erst, wenn wir alle damit aufhören. Gleichzeitig. Also nie.
Spiegel Online: Kommunikation: Warum die E‑Mail einfach nicht sterben will