Rechtsanwalt Sven Karge ist Fachbereichsleiter Content bei dem Verband der Deutschen Internetwirtschaft eco. Sein Fachbereich kümmert sich um illegale und jugendbeeinträchtigende Inhalte im Internet sowie und das Thema Botnetzte/Antispam.
Sven Karge ist u.a. Initiator und Organisator des seit 2003 jährlich stattfindenden Deutschen Anti Spam Kongresses sowie maßgeblicher Initiator und Leiter der Certified Senders Alliance.
Im Interview mit eMailMarketingBlog erläutert Herr Karge die Funktionsweise der Certified Senders Alliance und gibt einen Ausblick auf künftige Entwicklungen.
Herr Karge, Sie sind bei eco — Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. als Projektleiter für die „Certified Senders Alliance“ (CSA) verantwortlich. Wie funktioniert das Whitelisting-Projekt und welche Ziele verfolgen Sie damit?
Sven Karge: Die Idee zum Aufbau einer zentralen deutschen Whitelist für den E‑Mail Newsletterversand entstand 2003 im Anschluss an den 1. Deutschen Anti Spam Kongress und der im Nachgang aufgesetzten Anti Spam Task Force der deutschen Internet Service Provider. Hier wurde frühzeitig die Problematik zur Sprache gebracht, dass aufgrund der Filtermechanismen ein nicht unerheblicher Teil angeforderter Newsletter ausgefiltert werden. Als Branchen-Wirtschaftsverband hat der Verband der Deutschen Internetwirtschaft eco – von Beginn an unterstützt durch den Deutschen Dialogmarketing Verband DDV — daher mit Initiierung und Aufbau der Certified Senders Alliance seit 2004 Prozesse aufgesetzt, die einerseits False Positives vermeiden, andererseits angeforderte Werbung erfolgreich zustellen sollen.
Die zertifizierten E Mailversender haben sich verpflichtet, nur erlaubte und erwünschte E Mail-Kampagnen auf ihren Plattformen zuzulassen. Sie unterwerfen sich dabei den Qualitätskriterien und der Kontrolle der CSA. Im Gegenzug haben die teilnehmenden ISPs zugesichert, die von den zertifizierten Massenversendern eingelieferten E Mailsendungen an die Empfänger direkt auszuliefern und nicht vorab ihre Spamfilter durchlaufen zu lassen.
Auf die zentrale Whitelist werden nach einem intensiven Zertifizierungsprozess ausschließlich Versender beziehungsweise deren Mailserver gesetzt, die den von eco und DDV herausgegebenen Richtlinien für die Verbreitung von E‑Mails entsprechen, sich damit gesetzeskonform verhalten und ein hohes Qualitätsniveau erfüllen.
Das CSA-Kontrollgremium — bestehend aus je zwei entsandten Vertretern der beiden Verbände — überwacht die strikte Einhaltung der Richtlinien für den korrekten E‑Mail-Versand. Vereinzelt hat es auch schon Sanktionen dergestalt gegeben, dass teilnehmende Versender – zumindest vorübergehend — von der Liste heruntergenommen wurden, da die Sicherung der Qualität der Liste oberste Priorität hat.
Die CSA Whitelist wird in einem XML Format geführt, um alle relevanten Informationen über Versender und deren versendende E‑Mail Server vorhalten zu können. Zusätzlich bietet ein XML Format durch seine Standardisierung die Möglichkeit, die gespeicherten Informationen ohne grösseren Aufwand in gewünschte Zielformate zu überführen. Darüber hinaus wird die Whitelist aber auch als so genannte „DNS basierte Whitelist“ angeboten.
Wie stellen Sie sicher, dass tatsächlich nur seriöse Versender an Ihrem Programm teilnehmen können?
Sven Karge: Wesentlich hierfür ist ein sauberer, detaillierter und konsequenter Zertifizierungsprozess sowie ein stetiges Monitoring nach erfolgter Zertifizierung und hinzufügen zur Whitelist.
Bevor ein Versender (sprich ein Mailserver/IP – Adresse) auf die Whitelist kommt, muss er erst erfolgreich den aus einem technischen und einem rechtlichen Teil bestehenden Zertifizierungsprozess durchlaufen. So wird im Rahmen der technischen Zertifizierung nicht nur das Sicherungsniveau der betreffenden Mailserver überprüft sowie ob bestimmte technische Konfigurationen erfüllt werden, sondern auch die Historie dieser Mailserver überprüft. Im Rahmen der rechtlichen Zertifizierung (das betrifft im Wesentlichen nur die E‑Mail-Marketing-Anbieter/ESPs/Infrastrukturbetreiber) wird überprüft, ob die Regelungen, denen sich der CSA Teilnehmer unterwirft in den Verträgen mit seinen Kunden auch diesen auferlegt werden.
Um die hohe Qualität der Whitelist zu erhalten, ist nicht nur die rechtlich-einwandfreie Prüfung und deren Kontrolle über das Beschwerdemanagement notwendig, es müssen darüber hinaus die technischen Kriterien regelmäßig, einmal täglich, überprüft werden. So werden die wichtigsten an die versendenden Mailserver gestellten Kriterien einmal täglich automatisiert überprüft und in einem Report festgehalten. Dieser Report enthält auch zusätzliche Tests darüber, ob die Mailserver in ihrem Sendeverhalten negativ aufgefallen sind, sowohl um den zertifizierten Versendern Hinweise zu geben, aber auch um Indizien über Probleme bei der Versendung zu erhalten. Es handelt sich hierbei daher auch um einen zusätzlichen Service, den eine Teilnahme bei der CSA bietet.
Schließlich bieten die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten von der Rüge bis hin zum kompletten Delisting die Gewährleistung des Qualitätsniveaus.
Sollte ich mich als E‑Mail-Versender direkt von der CSA zertifizieren lassen oder stattdessen einen E‑Mail-Marketing-Anbieter auswählen, der an dem CSA-Projekt teilnimmt?
Sven Karge: Beides ist möglich und tritt in der Praxis auf, wenngleich die Zertifizierung der Infrastrukturanbieter / ESPs der Regelfall ist. Maßgeblich dafür, wer letztendlich der richtige Adressat der Zertifizierung ist, ist wer die rechtliche und tatsächliche Sachherrschaft über den/die betreffenden Mailserver hat.
Einige größere Provider, wie beispielsweise Google oder AOL, nehmen bislang noch nicht an der CSA teil. Können Sie etwas dazu sagen, ob und wann weitere Provider an dem Projekt teilnehmen werden? Wie sieht es mit dem E‑Mail-Versand in andere Länder aus — kann die Certified Sender Alliance auch international die Zustellung verbessern?
Sven Karge: Ja — an diesem Ziel arbeiten wir nunmehr seit knapp zwei Jahren mit Nachdruck und absoluter Priorität. Seit Herbst 2007 haben wir verstärkt und intensiv ISPs europa- und weltweit zwecks CSA Teilnahme kontaktiert. Allerdings ist das auch nicht leicht, selbst für die teilnehmenden deutschen ISPs hatten wir ein ganzes Jahr gebraucht, und die kennen eco, da sie Mitglied bei uns sind. Alles in allem haben wir seit Herbst 2007 über 70 ISPs in rund 20 Ländern kontaktiert, besucht und dort die CSA präsentiert und regelmäßig nachgehakt.
Erste Erfolge zeichnen sich ab: die niederländische KPN macht demnächst mit und auch bei Yahoo haben wir wieder einen Ansprechpartner.
Sie haben kürzlich angekündigt, zusätzlich zu den bisherigen Zertifizierungen ein „Sender++-Logo“ einzuführen. Welche Vorteile bietet Sender++ und wann wird das System integriert?
Sven Karge: sender++ bietet die Möglichkeit einer Logo-Anzeige bereits in der Inbox des Empfängers: Der Absendername in der „Von“-Zeile wird durch ein Logo des Versenders ausgetauscht. Dies bewirkt beim Empfänger nicht nur ein gesteigertes Wahrnehmen solcher E‑Mails — und somit eine höhere Klick- bzw. Conversionrate!
Die Logos signalisieren dem Empfänger gleichzeitig die Vertrauenswürdigkeit des Absenders. Somit bildet sender++ auch eine unterstützende Maßnahme zur Bekämfpung von Betrug durch unberechtigte E‑Mails — damit soll das Medium E‑Mail sicherer gemacht werden.
Für die Teilnahme an sender++ ist eine erfolgreiche Zertifizierung auf CSA-Basis erforderlich. Darüber hinaus müssen teilnehmende Versender zusätzliche Voraussetzungen erfüllen. So setzt sender++ die von der CSA eingeführten höchsten Standards im Permission Marketing konsequent fort. Damit wird die Akzeptanz solcher E‑Mails auf Empfängerseite gewährleistet.
Wir stehen jetzt kurz davor mit freenet einen ersten Praxistest zu machen, spätestens im Spätsommer sollte sender++ bei freenet zu buchen sein und wir arbeiten natürlich daran, bis zu diesem Zeitpunkt weitere wichtige ISPs für sender++ zu gewinnen.
Herr Karge, recht herzlichen Dank für das Interview!
Hier im eMailMarketingBlog finden Sie weitere News, Tipps und Fachartikel zum Thema False Positives.