Über die E‑Mail-Flut von Online-Shops, User Experience und den Paragraf 7 UWG

Michael Link beschwert sich in einem Artikel auf Heise.de über die E‑Mail-Flut von Online-Shops:

Kaufen im Internet, das ist wie in einen Kaugummi rein­tre­ten. Die Folgen sind lang­wie­rig. Beinahe jede Shop-Bestellung im Netz löst mitt­ler­weile eine nicht enden wol­lende Kette von E‑Mails aus. Das hält man­che Nutzer schon vom Einkaufen im Internet ab.

Eine berech­tigte Kritik: Während viele Händler auf der einen Seite “Initiativen zur Verbesserung der User Experience” pro­jek­tie­ren, wird auf der ande­ren Seite im E‑Mail Marketing nach wie vor mit äußerst frag­wür­di­gen Taktiken gear­bei­tet: Adressgewinnung mit­tels Co-Sponsoring, künst­li­che erschwerte Opt-Out Prozesse (“Bitte geben Sie Ihre Kundenummer ein, um sich von dem Newsletter abzu­mel­den”) und eine aggres­sive Versandfrequenz gehö­ren noch viel zu oft zur Tagesordnung.

Dennoch ist es schade, dass der Autor die Rechtslage falsch oder zumin­dest miß­ver­ständ­lich darstellt:

Wohlgemerkt: Alle diese Mailversender dür­fen das. Selbst wenn man nai­ver­weise anneh­men würde, dass sich aus­län­di­sche Shop-Betreiber an das deut­sche Gesetz gegen den unlau­te­ren Wettbewerb, ins­be­son­dere Paragraf 7 (Unzumutbare Belästigungen) hal­ten würden.

Denn das bie­tet reich­lich Schlupflöcher, durch den sich die E‑Mail-Flut für den Besteller doch wie­der unge­straft Bahn bre­chen darf. Werbung ist erlaubt, wenn man schon mal Kunde beim Unternehmen war und es des­we­gen seine E‑Mail-Adresse hat. Sie ist auch gestat­tet, wenn der Kunde der Verwendung der E‑Mail-Adresse nicht wider­spro­chen hat und auf diese Möglichkeit bei der Erfassung der E‑Mail-Adresse expli­zit hin­ge­wie­sen wurde.

Nein, die Mailversender dür­fen das nicht – zumin­dest nicht ohne wei­te­res, denn das Schlupfloch ist deut­lich klei­ner als in dem Artikel dar­ge­stellt. Tatsächlich müs­sen sämt­li­che der von dem Autor genann­ten Bedingungen erfüllt sein, wie im UWG § 7 nach­zu­le­sen ist:

(3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 3 ist eine unzu­mut­bare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elek­tro­ni­scher Post nicht anzu­neh­men, wenn

  1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden des­sen elek­tro­ni­sche Postadresse erhal­ten hat,
  2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähn­li­che Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  3. der Kunde der Verwendung nicht wider­spro­chen hat und
  4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deut­lich dar­auf hin­ge­wie­sen wird, dass er der Verwendung jeder­zeit wider­spre­chen kann, ohne dass hier­für andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Werbung per E‑Mail ist also nicht “auch gestat­tet, wenn der Kunde der Verwendung der E‑Mail-Adresse nicht wider­spro­chen hat und auf diese Möglichkeit bei der Erfassung der E‑Mail-Adresse expli­zit hin­ge­wie­sen wurde”, son­dern nur dann, wenn alle vier oben auf­ge­führ­ten Bedingungen erfüllt sind (siehe hierzu auch: Rechtliche Rahmenbedingungen im E‑Mail Marketing: Interview mit Dr. Martin Schirmbacher).

Den Unterschied mag man als Detail abtun, aber letzt­end­lich füh­ren sol­che unprä­zi­sen Formulierungen wie in dem Heise-Artikel dazu, dass Unternehmen noch mehr E‑Mails an Personen schi­cken, von denen tat­säch­lich gar kein Opt-In vor­liegt (“Aber es sind doch Bestandskunden, die dür­fen wir doch wohl anschreiben!”).

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