Die Aufregung war groß, als Apple im vergangenen Jahr die Mail Privacy Protection eingeführt hat. Werfen wir einen Blick auf den aktuellen Stand.
Kurz zur Einordnung: Mail Privacy Protection (MPP) verhindert, dass sich die Öffnungsrate bei Empfänger:innen, die iOS oder macOS verwenden, nachvollziehen lässt. Apples (aus E‑Mail-Marketing-Perspektive fieser) Trick: In der Mail-App werden sämtliche Grafiken unmittelbar nach dem Versand (und nicht nach dem Öffnen der Mail) von Apple heruntergeladen. Im Ergebnis gilt jede E‑Mail als “geöffnet” – unabhängig von dem tatsächlichen Verhalten des Subscribers.
MPP: Das sind die Voraussetzungen
- Empfänger:innen müssen ein ein Gerät mit iOS oder macOS verwenden und die aktuelle Version des jeweiligen Betriebssystems verwenden.
- Empfänger:innen müssen die Standard Mail-App von Apple verwenden.
- Die Funktion muss beim ersten Öffnen der App (nach dem Update des Betriebssystems) einmalig aktiviert werden.
Bedeutet: Wenn ein Abonnent beispielsweise die Gmail-App anstatt der Mail-App auf einem iPhone verwendet, kann die Öffnungsrate nach wie vor gemessen werden. Aufgrund des hohen Marktanteils, insbesondere von iOS, hat MPP größere Auswirkungen auf das E‑Mail-Marketing.
Mail Privacy Protection: Auswirkungen auf das E‑Mail-Marketing
Die Relevanz der Öffnungsrate ist bereits seit einigen Jahren rückläufig. Zum einen, weil Outlook standardmäßig Grafiken (und damit auch Zählpixel) blockiert, die Öffnung also erst dann getrackt wird, wenn der Empfänger die Grafiken manuell herunterlädt.
Zum anderen, weil sich die meisten Unternehmen sinnvollerweise seit einiger Zeit primär auf Lower Funnel KPIs, wie etwa die Conversion Rate, den Subscriber Lifetime Value und den RPME (Revenue generated per-thousand Emails sent), beziehungsweise den RPR (Revenue per Recipient)fokussieren.
Neben dem Themenbereich Auswertung / Analyse sind aber diverse Taktiken im E‑Mail-Marketing von der Mail Privacy Protection betroffen:
- AB Testing: AB-Tests zur Optimierung der Betreffzeile funktionieren u.U. nicht mehr zuverlässig, wenn die Öffnungsrate als KPI herangezogen wird.
- Send Time Optimization: Algorithmen, die basierend auf historischen Kennzahlen die “perfekte” Versanduhrzeit ermitteln, haben es mit MPP schwer.
- Reaktivierung: Die gezielte Ansprache aktiver / inaktiver Subscriber stellt eine Herausforderung dar, da diejenigen, die seit längerer Zeit nicht mehr geöffnet haben, nicht mehr zuverlässig identifiziert werden können.
- Countdown-Timer und dynamische Grafiken: “Live Images”, die zum Zeitpunkt der Öffnung ausgespielt werden, sind bei Apple-Nutzer:innen unter Umständen nicht mehr aktuell, da Apple alle Grafiken der Mail (inklusive der Live-Inhalte) zwischenspeichert.
Die aus meiner Sicht zentrale Handlungsempfehlung hatte ich anlässlich der Vorstellung von MPP im vergangenen Jahr formuliert:
Die Öffnungsrate verliert noch weiter an Aussagekraft. Die Klickrate und die nachgelagerten KPIs, wie beispielsweise der E‑Mail-induzierte Umsatz, werden an Bedeutung gewinnen. Hier gilt es zu prüfen, ob die Umsatz-bezogenen KPIs bereits sauber erfasst und analysiert werden.
Erfreulich ist, dass einige Technologieanbieter sehr schnell auf die neue Herausforderung im Tracking reagiert haben. Beispiel Sendinblue: Der Anbieter weist in seinen Reports die “nachverfolgbare Öffnungsrate” (Apple-Nutzer:innen werden ausgeschlossen) und die “geschätzte Öffnungsrate” (die nachverfolgbare Öffnungsrate wird auf alle zugestellten E‑Mails hochgerechnet) aus. Emarsys und Artegic gehen ähnlich vor.
Bei anderen Anbietern, wie etwa Klaviyo, lassen sich individuelle Reports erstellen, um die “falschen” Öffnungen herauszufiltern: How to Configure Custom Reports to Track Apple Mail Privacy Protection/iOS 15 Opens
Bemerkenswert ist aber auch, dass einige Anbieter, wie etwa Mailjet, rund ein Jahr nach der Ankündigung der Mail Privacy Protection ihre Reportings noch immer nicht angepasst haben und auch keine entsprechenden Filtermöglichkeiten bieten – es findet sich noch nicht einmal ein entsprechender Hinweis im Reportingbereich. Kundinnen und Kunden der Plattform arbeiten dementsprechend seit Monaten mit Kennzahlen, die nicht valide sind – möglicherweise ohne es zu wissen.