Für Unternehmen ist die Customer Experience (CX) ein entscheidender Faktor, um Kunden zu begeistern und langfristig zu binden. Wir werfen einen Blick auf die verschiedenen Aspekte der Customer Experience, zeigen auf, warum sie einen bedeutenden Einfluss auf die Kundenbindung hat und mit welchen Quick Wins Ihr die Kundenerfahrung optimieren könnt.
Hinweis: Dieser Beitrag fasst einige zentrale Aussagen der Folge 35 des CRM Podcast zusammen. In der Folge hat mir der Loyalty-Experte Michael Bietenhader Fragen zur Optimierung der Customer Experience gestellt. Hört gerne rein, um weitere Praxisbeispiele und Ideen zu erhalten.
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Was ist Customer Experience?
Es gibt unterschiedliche Definitionen, aber im Grunde genommen umfasst Customer Experience alle Wahrnehmungen und Interaktionen, die ein Kunde mit einem Unternehmen hat. Das beinhaltet alle Berührungspunkte und Kanäle, einschließlich der Website, Transaktions-E-Mails und des Kundenservice. Alles, was ein Kunde in verschiedenen Kanälen und an unterschiedlichen Touchpoints wahrnimmt, prägt letztendlich die Customer Experience.
Der Unterschied zwischen Usability und User bzw. Customer Experience besteht darin, dass Usability dazu beiträgt, ein System einfach zu bedienen und einen reibungslosen Bestellprozess zu ermöglichen. Eine gute Usability ist wichtig für eine positive User Experience. Eine schlechte Usability führt zu einer schlechten User Experience.
Ein Beispiel hierfür ist eine Fußgängerampel, die leicht zu bedienen ist und barrierefrei für alle zugänglich ist – die Ampel bietet also offensichtlich eine gute Usability. Aber macht es Spaß, eine Ampel zu bedienen? Hier kommt die User Experience ins Spiel. Ein Künstler installierte an einer Fußgängerampel ein Touchscreen-Display, auf dem die Leute während des Wartens ein Pong-Spiel spielen konnten. Dadurch wurde die Wartezeit unterhaltsam gestaltet und plötzlich machte es den Menschen Spaß, eine Fußgängerampel zu bedienen.
Und genau das ist eigentlich die Challenge mit Blick auf die Customer Experience: Wie bauen wir Systeme und Prozesse so auf, dass sie nicht nur einfach zu bedienen sind, sondern die Nutzung bei den Menschen positive Emotionen hervorruft?
Warum ist die Customer Experience so relevant für die Kundenbindung?
Also die Customer Experience kann die Kundenbindung wirklich zerstören. Eine Anekdote aus meinem Alltag ist der Fall mit meinem HP Laserdrucker im Home Office. Der Drucker funktionierte einwandfrei, ich wusste aber nicht wohin mit den leeren Tonern. Epson hat das Problem scheinbar aus Kundenperspektive betrachtet und Titenstrahldrucker mit einem nachfüllbaren Tintentank auf den Markt gebracht. Offenbar hatte HP bei der Produktentwicklung im Unterschied zu Epsin nicht das gesamte Kundenerlebnis berücksichtigt, was letztlich zum Verlust der Kundenbindung führte.
Ein weiterer Grund, warum die Customer Experience an Bedeutung gewinnt, ist dass Produkte und Dienstleistungen zunehmend austauschbar werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Automobilbereich. Viele Unternehmen werden bald in der Lage sein, gute Elektroautos anzubieten. Was macht Tesla besser? Sie betrachten die gesamte Customer Experience. Anstatt bei Problemen mit dem Fahrzeug Zeit in einem meist nicht besonders ansprechendem Gewerbegebiet zu verbringen und schlechten Kaffee trinken zu müssen, kommt Tesla kurzerhand mit seinen “Rangern” und einer Mini-Werkstatt direkt zum Kunden. Die Reparatur findet unkompliziert vor der eigenen Haustür statt – der Termin im Servicecenter entfällt vollständig und die Reparatur findet unkompliziert vor der eigenen Haustür statt.
Das Beispiel verdeutlicht, dass Unternehmen nicht nur bestehende Prozesse optimieren, sondern sie vollständig hinterfragen sollten: Während BMW daran arbeitet, Terminbuchungen über die Website zu ermöglichen (und möglicherweise neue Kaffeemaschinen anschafft), fährt Tesla kurzerhand zum Kunden nach Hause.
Es geht also, um bei der Analogie zu bleiben, um mehr als nur besseren Kaffee — es geht darum, positive Emotionen zu erzeugen und Kunden mit unerwarteten Lösungen zu begeistern.
Das gilt natürlich auch für den Kundenservice – ein weiterer wichtiger Baustein der Customer Experience. Ein schönes Beispiel für herausragenden Kundenservice stammt von Zappos, einem Online-Modehändler aus den USA. Der Gründer Tony Hsieh beschreibt in seinem Buch “Delivering Happiness” seine Leidenschaft für den Kundenservice. Er betont, dass Schuhe für ihn eigentlich völlig unbedeutend waren – es ging ihm darum, nicht nur Schuhe zu verkaufen, sondern eine herausragende Kundenerfahrung zu bieten.
Hsieh betont in seinem Buch die Bedeutung des Kundenservices und wie Kunden hier eine Top-Erfahrung haben können, da die Kontaktpunkte bei einem Online-Shop begrenzt sind. Zappos investierte viel in die Optimierung des Kundenservice, um die Kunden glücklich zu machen. Kundenservice sollte nicht als lästiger Kostenfaktor betrachtet werden, sondern als Chance, positive Emotionen und einen bleibenden Eindruck bei den Kunden zu hinterlassen.
Wir haben uns gefragt, wofür diese Firma stehen soll. Wir wollten nicht einfach nur Schuhe verkaufen. Ich hatte mit Schuhen gar nichts am Hut — aber der Kundenservice war meine Leidenschaft.
Tony Hsieh
Zappos wurde 1999 gegründet im Jahr 2009 für rund 850 Millionen Dollar von Amazon übernommen. Amazon erwarb Zappos vermutlich nicht, um zu lernen, wie man einen Online-Shop betreibt, sondern um von deren exzellenter Kundenservice-DNA zu profitieren.
Warum tun sich viele Unternehmen so schwer mit der Optimierung der Customer Experience?
Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten, das Thema Customer Experience Management erfolgreich umzusetzen. Dies liegt zum einen daran, dass sie oft glauben, dass erfolgreiche Projekte groß und kostspielig sein müssen. Dies führt dazu, dass scheinbare Details, wie die Gestaltung von Bestätigungsseiten oder Anfrageprozessen, vernachlässigt werden. Doch gerade die Summe diese Details prägen in ihrer Gesamtheit die Customer Experience.
Ein weiterer Grund ist der Mangel an Kennzahlen, um das abstrakte Thema greifbar zu machen. Unternehmen sollten sich darüber bewusst werden, dass Kennzahlen wie der Net Promoter Score (NPS) allein oft nicht ausreichen. Andere Kennzahlen wie der Customer Effort Score und die Abbruchquote im Bestellprozess können ebenfalls wichtige Indikatoren sein.
Letztendlich ist es entscheidend, den Kundenwert genauer zu verstehen und ein besseres Verständnis für den Kundenwert zu entwickeln. Dafür braucht es ein KPI-Set und ein Echtzeit-Dashboard, das die relevanten Kennzahlen in der Customer Journey abbildet. Nur so kann man frühzeitig erkennen, in welchem Touchpoint oder an welcher Stelle die Customer Experience Verbesserungen erfordert.
Die Proaktivität in der Optimierung der Customer Experience ist von großer Bedeutung, um Kunden nicht erst dann zu reagieren, wenn sie bereits unzufrieden sind, sondern schon davor, um negative Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und zu beheben.
Wie können wir mit Personas die Customer Experience optimieren?
Die Verwendung von Personas in der Customer Experience wird oft kontrovers diskutiert. Einige argumentieren, dass Personas zu stark vereinfachen und nicht immer genaue repräsentative Abbilder der tatsächlichen Kunden darstellen. Andere hingegen sehen in Personas ein wertvolles Instrument, um die Kundenperspektive besser zu verstehen und kundenzentrierte Prozesse zu gestalten.
Bei der Erstellung von Personas ist es wichtig, eine datenbasierte Vorgehensweise zu wählen. Unternehmen sollten nicht nur auf Annahmen oder Bauchgefühl basieren, sondern auf echtes Kundenfeedback und analytische Daten zurückgreifen. Durch die Analyse von Kundendaten und ‑verhalten können aussagekräftige und realitätsnahe Personas erstellt werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die enge Zusammenarbeit mit dem Kundenservice und dem Außendienst. Diese Teams haben oft direkten Kundenkontakt und können wertvolle Einsichten und Erfahrungen liefern, die bei der Erstellung von Personas berücksichtigt werden sollten. Durch den Austausch von Informationen und die Analyse von Kundenservice-Tickets oder Verkaufsberichten können spezifische Probleme und Bedürfnisse der Kunden ermittelt werden.
Darüber hinaus sollten Personas nicht als statische Abbilder betrachtet werden, sondern als flexible Werkzeuge, die kontinuierlich optimiert und aktualisiert werden können. Kundenbedürfnisse und ‑verhalten können sich im Laufe der Zeit ändern, daher ist es wichtig, die Personas regelmäßig zu überprüfen und anzupassen.
Personas können auch bei der Optimierung des Copywritings eine wichtige Rolle spielen. Indem Unternehmen die Perspektive der Personas einnehmen und deren Bedürfnisse, Wünsche und Schmerzpunkte verstehen, können sie gezieltere und zielgruppengerechtere Inhalte erstellen. Dies trägt dazu bei, eine bessere Customer Experience zu schaffen und das Engagement der Kunden zu erhöhen.
Customer Experience optimieren: Empfehlungen und Fazit
Um die Customer Experience erfolgreich zu optimieren, sollten Unternehmen folgende Schritte beachten:
- Klarheit über die Zuständigkeiten schaffen: Wer verantwortet in Eurem Unternehmen das Customer Experience Management? Ist diese Person mit ausreichend Ressourcen ausgestattet, um Veränderungsprozesse umzusetzen?
- Die richtigen Kennzahlen definieren und datenbasiert analysieren.
- Kundenfeedback einholen, Schwachstellen identifizieren und konkrete Maßnahmen zur Optimierung der Customer Experience ergreifen.
Entscheidend ist, die Customer Experience nicht als isoliertes Projekt zu betrachten, sondern als ganzheitlichen Ansatz in allen Bereichen des Unternehmens zu verankern. Es empfiehlt sich, externe Unterstützung hinzuziehen, um die berühmte “Betriebsblindheit” zu vermeiden.
Die Optimierung der Customer Experience sollte eine strategische Priorität für Unternehmen sein, um eine differenzierte Positionierung am Markt zu erreichen und eine langfristige Kundenbindung aufzubauen.
Weiterführende Informationen
- Literatur: Delivering Happiness: A Path to Profits, Passion, and Purpose von Tony Hsieh
- CRM Podcast #35: CRM Podcast meets Loyalty Talk: So stärkt Customer Experience die Kundenbindung
- CRM Podcast #19: So verbesserst Du mit dem Kundenbereich die Customer Experience
Bildnachweis Titelgrafik: UX Indonesia / Unsplash