Olga Walter hat bis Mitte 2015 das CRM bei windeln.de mit aufgebaut und lehrte an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg die Schwerpunkte CRM, E‑Mail-Marketing und E‑Commerce. Nun ist sie als CRM Specialist freiberuflich, beziehungsweise beratend für verschiedene Online-Unternehmen tätig.
Im Januar dieses Jahres ist ihr Buch „CRM für Online-Shops“ (unsere Rezension) im mitp Verlag erschienen. Für das EmailMarketingBlog hat Olga Walter Fragen rund um das Thema Customer-Relationship-Management beantwortet.
Frau Walter, in vielen Unternehmen wird CRM noch immer als primär technische Herausforderung verstanden: Sobald ein passendes CRM-System implementiert wurde, wird sich der Erfolg mehr oder weniger von alleine einstellen – so die Annahme.
In Ihrem Buch betonen Sie, dass eine ausgezeichnete CRM-Software nicht automatisch zu ausgezeichneten CRM-Marketern führt. Wie sollten Unternehmen vorgehen, um CRM erfolgreich zu implementieren? Welche Fragen sollten vor der Evaluierung der technischen Infrastruktur beantwortet werden?
Olga Walter: Entscheidend ist zunächst, dass man den Kunden und seine Bedürfnisse (im Sinne von Bedarf) versteht. Basierend darauf sollte man gezielt verschiedene Marketing-Mechaniken testen, um zu sehen, was tatsächlich zu einer Kunden-Wertsteigerung führt. Ist dies geschehen, so kennt man die genauen Anforderungen, die ein CRM-System erfüllen muss und kann sich gezielt für das richtige Tool entscheiden.
Daten, wie beispielsweise das Einkaufsverhalten oder Präferenzen des Kunden, bilden die Grundlage des CRM. Oft liegen Daten aber nicht oder nur in unzureichender Qualität vor. Wie kann ich die Datenqualität verbessern und Kundenprofile anreichern?
Olga Walter: Die Datenqualität und vor allem die Validität ist entscheidend im CRM. Der Output im CRM kann nie besser sein als die zugrunde liegende Datenbasis. Geht es um das Einkaufsverhalten, so ist eine saubere Datenbankstruktur Pflicht. Liegt diese noch nicht vor, sollte sie erarbeitet werden. Entscheidend ist dabei, welche Informationen in welcher Form vorliegen müssen um sie im CRM nutzen zu können. Die Anforderungen sollten hier also aus dem CRM kommen, die Umsetzung ist Sache der BI.
Hinsichtlich Präferenzen von Kunden lautet meine Devise an der Stelle: Fragen Sie den Kunden. Fragen Sie ihn nach seinen Präferenzen, aber seien sie kreativ. Dem Kunden muss sich der Kontext erschließen, warum er Ihnen als Unternehmen diese Antwort geben soll.
Welchen Stellenwert hat E‑Mail Marketing heute im Customer Relationship Management? Bietet Social Media nicht viel spannendere Möglichkeiten, um einen Dialog mit Zielgruppen aufzubauen?
Olga Walter: Die richtige Strategie ist an der Stelle nicht entweder/oder, sondern und. Beide Kanäle sind relevant und haben ihre Berechtigung. Das Schöne am E‑Mail Marketing ist, man kann den Kunden anhand seiner E‑Mail-Adresse – an der in der Regel alle Transaktionsdaten des Kunden hängen – gezielt ansprechen.
Da ein entsprechendes Setup ebenfalls in jedem Unternehmen vorhanden ist, lässt sich damit sofort starten. So lassen sich schnell und unkompliziert Tests durchführen und wertvolle Learnings daraus ziehen. Konnte man so genug Erfahrung sammeln, ist der nächste logische und wichtige Schritt natürlich auch in Richtung Social Media zu gehen.
Ich teile, wenig überraschend, Ihre Einschätzung zur Bedeutung der E‑Mail. Nun bringen die meisten Geschäftsmodelle weitere Touchpoints, wie beispielsweise eine mobile App, Telefon oder Außendienst, mit sich. Vielen Unternehmen fällt es schwer, die unterschiedlichen Kanäle im Sinne eines Cross-Channel-Marketings übergreifend auszusteuern. Was ist hierfür aus Ihrer Sicht erforderlich? Was sind die zentralen Erfolgskriterien?
Olga Walter: Zentraler Schlüssel zum Erfolg ist an der Stelle die richtige Technologie. Und die, das muss man leider sagen, ist heute noch nicht soweit. Mir ist kein Tool bekannt, das in der Lage ist, effizient und kanalübergreifend Kampagnen zu steuern. Seit kurzem besteht jedoch Hoffnung: CrossEngage, aus dem Project A Portfolio, hat richtig spannende Ansätze und bietet genau das. Leider hatte ich noch nicht die Gelegenheit, damit einen realen Case zu bearbeiten, aber was ich bisher davon gesehen habe, ist sehr vielversprechend.
Ein Blick in die Zukunft: Welche Trends im CRM werden Ihrer Meinung an nach in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen? Wohin geht die Reise?
Olga Water: Ich denke nach wie vor, dass noch sehr sehr viel Grundlagen-CRM-Arbeit zu tun ist, bevor man von verrückten Zukunftsszenerien träumen darf. Immer wieder stelle ich fest, dass in den meisten Unternehmen die grundlegendsten Hausaufgaben noch nicht gemacht sind.
Der Fokus liegt also nach wie vor darauf, erstmal ein vernünftiges CRM in den Werbekanälen aufzubauen. Ist das geschehen, sind der Kreativität keine Grenzen mehr gesetzt. Spannend finde ich an der Stelle dann vor allem auch das Thema Webshop selbst. Diesen tatsächlich zu personalisieren, dass er jeden Kunden da abholt, wo er gerade steht, wäre für mich einer der nächsten Themen.
Vielen Dank für das Interview!