Interview: Big Data im E‑Mail Marketing – Daten nicht nur erhe­ben, son­dern auch nutzen

Frequenz von Newslettern

Für die Fachzeitschrift Acquisa durfte ich kürz­lich im Rahmen eines Interviews eine Fragen zum Thema “Big Data im E‑Mail Marketing” beant­wor­ten: Wie kön­nen Unternehmen ein daten­ge­trie­be­nes E‑Mail Marketing auf­bauen? Wie sehen die größ­ten Hürden aus und wel­che Lösungsmöglichkeiten bie­ten sich an?

Nachfolgend das voll­stän­dige Interview im Wortlaut.

Acquisa: Die Kinder sind ein­ge­schult, der Newsletter mit Werbung für Windeln und Babyspielzeug kommt trotz­dem alle 14 Tage ….Mitunter kann im digi­ta­len Dialogmarketing von Big Data noch keine Rede sein. Was machen man­che E‑Mail-Marketer falsch? (warum? ist sowas die Regel oder Ausnahme?)

Nico Zorn: Das ist lei­der über­wie­gend noch immer die Regel. Die Gründe dafür sind viel­fäl­tig. Oft ist die Technik der limi­tie­rende Faktor: Auf der einen Seite unter­stüt­zen einige E‑Mail Marketing Lösungen „out oft the box“ dann doch nicht die zuvor bewor­be­nen Funktionen. Grundsätzlich ist vie­les mach­bar, der Integrationsaufwand und die damit ver­bun­de­nen Kosten sind aber ent­spre­chend hoch. Mittlerweile gibt es jedoch einige Systeme, mit denen auch kom­ple­xere Lifecycle- oder Trigger-Kampagnen mit einem ein­fach zu bedie­nen­den Editor erstellt wer­den kön­nen – wäh­rend hier­für bis­lang meist Programmieraufwand not­wen­dig war.

Acquisa: Welche Rolle spielt heute der Kundenlebenszyklus für das E‑Mail-Marketing und wel­che sollte er künf­tig spielen?

Nico Zorn: Die Frage lässt sich pau­schal schwer beant­wor­ten, da sie sehr stark von dem Geschäftsmodell und von der Branche abhängt. Ein Beispiel: Im Automobilbereich spielt der Kundenlebenszyklus eine rele­van­tere Rolle – gerade hier wird aber noch immer (wenn über­haupt) auf einen regu­lä­ren Newsletter gesetzt und damit ganz klar Potenial verschenkt.

Oft gibt es im E‑Mail Marketing noch immer viel Aktionismus („Bis mor­gen muss das Mailing fer­tig sein!“) und eine „Kampagnendenke“. Stattdessen macht es oft Sinn, einen Schritt zurück­zu­ge­hen und das Thema stra­te­gi­scher anzu­ge­hen: Wie kann mit E‑Mails der Kunde ent­wi­ckelt wer­den? Wie kön­nen inak­tive Kunden reak­ti­viert wer­den? Wie kön­nen Cross- oder Upsellingpotenziale erschlos­sen werden?

Acquisa: Wird auch der Produktzyklus in E‑Mail-Kampagnen aus­rei­chend beachtet?

Nico Zorn: Unserer Erfahrung nach noch viel zu wenig, wobei auch dies natür­lich stark von den Produkten und dem Geschäftsmodell abhängt. Für einen Onlineshop für Druckerzubehör ist das Thema erfolgs­kri­tisch und in der Praxis auch gut abbild­bar, ein Onlineshop für Gartenmöbel dürfte hin­ge­gen Schwierigkeiten haben fest­zu­stel­len, wann der Kunde Bedarf an neuen Möbeln hat.

Allerdings: Ein Trend, den wir in unse­ren Beratungsmandaten sehen ist, dass sich Hersteller zuneh­mend dem Thema anneh­men und erste Projekte im Bereich Lifecycle- / Produktlebenszyklus aufsetzen.

Acquisa: Welche Informationen/Datenquellen wer­den für das E‑Mail-Marketing künf­tig immer wich­ti­ger bzw. die Einbindung wel­cher Daten bringt den größ­ten Uplift in Sachen Klick und Conversion?

Nico Zorn: Die Frage hängt sehr stark von dem jewei­li­gen Geschäftsmodell ab. Wir bera­ten schwer­punkt­mä­ßig Kunden aus dem Distanzhandel und der Verlagsbranche und haben bei­spiels­weise sehr gute Erfahrungen mit Mails an Warenkorb-Abbrecher gemacht. Das heißt: Es muss nicht zwin­gend ein ganz aus­ge­feil­tes Lifecycle E‑Mail Marketing sein. Manchmal reicht auch eine „ein­fa­che“ Mail an die Kunden, die ein Produkt schon fast gekauft oder ein Abo bestellt haben und den Prozess dann doch abge­bro­chen haben.

Häufig ist es hilf­reich, die Komplexität zu redu­zie­ren. Für ein aus­ge­feil­tes Lifecycle E‑Mail Marketing feh­len oft Inhalte, Zeit, Technik, Daten und manch­mal auch die pas­sen­den Produkte. Die Frage sollte also sein: Wie kann ich den ers­ten Schritt hin zu dyna­mi­schen Inhalten oder hin zum Lifecycle E‑Mail Marketing machen?

Beispiel im Verlagsbereich: Welcome Serie auf­set­zen, die neuen Newsletter-Abonnenten nach der Anmeldung neben dem Newsletter alle X Tage die belieb­tes­ten Inhalte aus dem Archiv schickt und bei­spiels­weise an ein kos­ten­pflich­ti­ges Produkt her­an­führt. Das funk­tio­niert auch ohne Schnittstellen oder wei­tere Daten über den Kunden!

Weiterhin haben wir gute Erfahrungen mit der Integration von Recommendation-Engines gemacht. Hierbei muss nicht unbe­dingt der voll­stän­dige Newsletter dyna­misch ange­passt wer­den. Auch ein ein­zel­ner Teaser-Block inner­halb des Newsletters mit den zuvor auf der Website ange­se­he­nen Produkten kann die Klickrate schon deut­lich erhöhen.

Acquisa: Big Data heißt ja auch, dass alle Aktivitäten kanal­über­grei­fend erfasst wer­den. Kommt dem E‑Mail Marketing in die­sem Orchester/Marketing-Mix eine neue Rolle zu, muss man es auf­grund der Kanalwechselwirkungen künf­tig anders abstim­men als frü­her oder ande­res einsetzen?

Nico Zorn: Die Frage ist dabei natür­lich, ob alle Daten tat­säch­lich kanal­über­grei­fend im Sinne eines Cross-Channel-Marketing erfasst wer­den – auch wenn dies aus Marketing-Sicht natür­lich wün­schens­wert wäre. Dabei gilt es aber einige Herausforderungen zu meis­tern: Die Kampagnen müs­sen aus einem System aus­ge­steu­ert wer­den oder zumin­dest müs­sen die Systeme über Schnittstellen ver­bun­den sein. Weiterhin ist eine abtei­lungs­über­grei­fende Zusammenarbeit not­wen­dig – in der Praxis ist das tat­säch­lich oft eine große Hürde.

Hat man diese Herausforderungen gemeis­tert, gibt es in der Tat zahl­rei­che sinn­volle Möglichkeiten. Wir haben bei­spiels­weise für einen Kunden eine Reaktivierungskampagne kon­zep­tio­niert. Im Rahmen der Kampagne wur­den inak­tive E‑Mail-Abonnenten auf dem Postweg ange­schrie­ben und darum gebe­ten, ihre E‑Mail-Adresse zu aktua­li­sie­ren. Weiterhin haben wir gute Erfahrungen mit E‑Mailings gemacht, die ein Postmailing ankün­di­gen und damit gezielt die Aufmerksamkeit auf den Briefkasten len­ken („Wir haben ein Geschenk für Sie – schauen Sie mor­gen doch mal in Ihren Briefkasten!“).

Eine Herausforderung ist dabei sicher­lich auch eine strin­gente Markenführung und eine ein­heit­li­che Tonalität. Wer sich in der klas­si­schen Kommunikation im Premiumbereich posi­tio­niert wird natür­lich unglaub­wür­dig, wenn in der E‑Mail-Kommunikation eine reine Rabattschlacht statt­fin­det, was nicht sel­ten der Fall ist. Allgemein kann man sagen, dass der Marke im E‑Mail Marketing noch viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Da wird dann ein TV-Spot in Alaska gedreht und das Template für das E‑Mail Marketing bas­telt der Praktikant zusammen…

Acquisa: Was bleibt für das E‑Mail-Marketing die größte Herausforderung am Thema Big Data?

Nico Zorn: So banal das auch klingt: Big Data hilft nur dann wei­ter, wenn die Daten tat­säch­lich in der Praxis nutz­bar sind und dem keine feh­len­den Schnittstellen, unklare Datenschutzrichtlinien oder man­gelnde abtei­lungs­über­grei­fende Zusammenarbeit im Weg ste­hen. Oft wer­den unglaub­lich viele Daten erho­ben und bei­spiels­weise im Rahmen der Newsletteranmeldung abge­fragt, am Ende dann aber nicht genutzt…

Möchtest du diesen Artikel teilen? 🤩
URL des Artikels
Weitere Beiträge
Exklusive Insights für erfolgreiches CRM
Kostenlosen Newsletter anfordern
0
Share