Aus ökonomischer Sicht ist es wesentlich nachhaltiger, Bestandskunden zu halten, als Neukunden zu gewinnen. Insbesondere für Abo-basierten Geschäftsmodelle hat deshalb die Churn Prevention eine hohe Relevanz: Wie lassen sich abwanderungswillige Kunden frühzeitig identifizieren? Und mit welchen Maßnahmen kann die Kundenbeziehung aufrechterhalten werden?
In dieser Folge des CRM Podcast erfahrt Ihr, wie Euer Unternehmen von Churn Prevention profitieren kann.
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Shownotes:
- Hintergrund zum Thema Plattform-Ökonomie: The Marketing Transformation Podcast #51 mit Dr. Holger Schmidt
- Alle Folgen im Überblick: www.crmpodcast.de.
- Mehr Informationen über die CRM und E‑Mail-Marketing Agentur Saphiron
CRM Podcast #5 zum Thema Churn Prevention: Transkription
Willkommen zur fünften Ausgabe des CRM Podcast. Heute nicht mit einem Interviewgast, sondern mit einem Schwerpunktthema und zwar werden wir uns mit Churn Prevention beschäftigen – also der Frage nachgehen, wie ihr eure bestehenden Kundenbeziehung verlängern könnt, um so einen höheren Customer Lifetime Value zu erzielen..
Bevor wir starten möchte ich aber die ganzen neuen Hörerinnen und Hörer der Otto Gruppe begrüßen. Peter Schollzuk, der in der letzten Folte zu Gast war, hat es geschafft diesen Podcast in der Medienumschau des Otto Konzern unterzubringen, das ist natürlich mega und in diesem Sinne Moin Moin nach Hamburg und vielen Dank Peter, ich freue mich schon auf die nächste Folge mit Dir.
Und damit aber rein ins Thema. Ich weiß nicht wie es euch geht aber ich habe den Eindruck, dass die meisten Unternehmen nach wie vor primär den Fokus auf die Kundengewinnung legen und hier auch entsprechendes Budget bereitstellen, während die Frage, wie bestehende Kunden länger gehalten werden können, oft noch kaum adressiert wird.
Und das obwohl eigentlich jeder schon gehört hat, dass es wesentlich teuer ist einen Neukunden zu gewinnen als einen Bestandskunden zu halten – laut Bain & Company sprechen wir hier von dem Faktor 6 bis 7. Dazu kommt, dass die Akquisitionskosten in den meisten Branchen deutlich ansteigen, was nicht zuletzt mit dem naja nennen wir es mal Plattform-Dilemma zu tun hat: Der Tatsache, dass einige wenige Unternehmen heute den Kundenzugang besitzen, namentlich natürlich Google, Facebook und Amazon, und ihn meistbietend versteigern.
Kleiner Einschub: Wer dazu mehr erfahren möchte, dem empfehle ich den großartigen Marketing Transformation Podcast und hier insbesondere Folge 51 mit Dr. Holger Schmidt, unbedingt mal reinhören.
Letztendlich kann ich mir also in vielen Fällen die Kundengewinnung nur noch dann leisten, wenn es mir gelingt, einen hohen Customer Lifetime Value zu erzielen, Kunden also lange an mein Unternehmen binde, Cross- und Upselling-Potenziale erschließe und eben Maßnahmen implementiere, um die Abwanderungsrate zu reduzieren, womit wir ja bei dem heutigen Schwerpunktthema wären.
Besonders relevant ist Churn Prevention natürlich wenn ihr Abo-basierte Geschäftsmodelle habt, beispielsweise im Verlagsbereich, wenn ihr Software im Abo-Modell vertreibt oder im eCommerce auf ein Subscription-Modell setzt. Bei diesen Modellen haben wir ein klar definiertes vertragliches Verhältnis zwischen dem Unternehmen und dem Kunden, das wir natürlich möglichst lange erhalten wollen – der Kunde soll eben nicht kündigen.
Die grundsätzliche Vorgehensweise und zumindest ein Teil der Taktiken lässt sich aber natürlich auch auf andere Geschäftsmodelle übertragen, spätestens dann wenn ihr einen Newsletter anbietet habt ihr auch ein Abo, das ja auch jederzeit vom Kunden gekündigt werden kann.
Churn Prevention: Vorgehensweise
Wie gehe ich also vor?
In ersten Schritt versuchen wir, die wesentlichen Gründe für die Kundenabwanderung zu erkennen. Dafür suchen wir nach Mustern innerhalb der Gruppe der bislang abgewanderten Kunden, beispielsweise mit Hilfe einer Kohortenanalyse. Dabei gilt natürlich: Je länger der Zeitraum und je mehr Daten vorliegen, desto schneller lassen sich aussagekräftige Muster erkennen.
Mit einer Analyse der soziodemografischen Daten könnte sich beispielsweise heraussstellen, dass weibliche Kunden deutlich häufiger kündigen als männliche Kunden. Das wäre doch eine Erkenntnis, mit der man schon arbeiten kann.
In diesem Fall könnte ich in der Neukundenakquisition ansetzen, das Targeting meiner Facebook Ads anpassen und so gezielt männliche Nutzer erreichen, um das Budget effizienter einzusetzen, beziehungsweise einen höheren Customer Lifetime Value zu erzielen.
Oder aber, und das wäre natürlich noch sinnvoller, ich setze mich mit dem Produktmanagement zusammen und überlege, welche Produkteigenschaften angepasst werden müssten, damit das Produkt für die Kundinnen einen höheren Nutzen hat.
Spannend ist in diesem Zusammenhang natürlich auch sich mal die Akquisitionskanäle anzuschauen. Eine entsprechende Analyse könnte dann beispielsweise zeigen, dass über Google Ads zwar viele Kunden gewonnen werden, diese Kunden aber im Vergleich zu den anderen Kanälen eine überdurchschnittlich hohe Churn Rate aufweisen. Auch das wäre eine Erkenntnis die ich nutzen kann, um das Marketing effizienter auszusteuern.
Zu den üblichen To Dos gehört in diesem Zusammenhang natürlich auch die Analyse des Zeitraums, also die Frage nach wieviel Monaten oder Jahren der Vertrag gekündigt wird. Wenn ein hoher Anteil bereits nach kurzer Zeit bereits kündigt, muss ich möglicherweise an den Onboarding-Prozessen arbeiten und beispielsweise mit einer automatisierten E‑Mail-Kampagne die Funktionsweise oder die Vorteile des Produkts besser erklären.
Auch die Kontaktfrequenz mit dem Kundenservice kann ein interessanter Indikator sein: Wenn sich die Anrufe bei der Hotline häufen, könnte das ja ein Signal dafür sein, dass der Kunde anhaltende Probleme mit dem Produkt hat.
Super spannend bei digitalen Produkten ist natürlich auch die Nutzungsintensität: Wenn zum Beispiel eine Software immer seltener genutzt wird, ist es naheliegend, dass der Kunde bei der nächsten Gelegenheit kündigen wird – Prämisse hierfür ist natürlich, dass ich zu Beginn der Kundenbeziehung das dafür notwendige Einverständnis einhole.
Das sind letztendlich die Basics, bei einer größeren Datenbasis können zudem Methoden des Machine Learning eingesetzt werden, um Muster zu erkennen, nach denen möglicherweise nie jemand gesucht hätte.
Und im nächsten Schritt kann basierend auf den vergangenheitsbezogenen Daten ein Modell entwickelt werden, um die künftige Abwanderung vorherzusagen – Stichwort Churn Prediction, also eine Art Frühwarnsystem für die Kundnebeziehungen. So kann ich also künftig nicht nur die Information einsehen, welche Kunden gekündigt haben, in dem Moment ist es ja eigentlich auch schon zu spät, sondern ich weiß, wie viele oder sogar welche Kunden mutmaßlich bald kündigen werden.
Das ist natürlich super sinnvoll um Probleme rechtzeitig zu erkennen, aber auch, um darauf aufbauend gezielt Churn Prevention-Maßnahmen aufzubauen: Wir können also beispielsweise in der Marketing Automation Trigger definieren, damit die gefährdeten Kunden gezielt und automatisiert angesprochen werden.
Ein Trigger könnte beispielsweise die vorhin angesprochene Nutzungsintensität sein oder eben andere so genannte Kündigersignale, wie die Kontaktfrequenz mit dem Kundenservice.
Churn Prevevntion: Exemplarische Maßnahmen
Ok, dann schauen wir uns doch mal an, welche konkreten Maßnahmen zur Churn Prevention grundsätzlich zur Verfügung stehen. Sicherlich lässt sich nicht jede Maßnahme eins zu eins übertragen, aber vielleicht könnt ihr die ein oder andere Anregung für euer Geschäftsmodell adaptieren.
Grundsätzlich lassen sich die in Frage kommenden Maßnahmen in vier Bereiche unterteilen:
- Ich kann Austrittsbarrieren schaffen
- mit dem Kunden einen Dialog aufbauen,
- eine Kompensation anbieten
- oder Anreize schaffen und so den Kunden davon überzeugen, Kunde zu bleiben.
Eine typische Austrittsbarrieren wäre etwa eine Vertragslaufzeit – der Kunde wird also sozsuagen zu seinem Glück gezwungen. Das ist zwar grundsätzlich nicht unüblich, bringt aber mindestens ein Problem mit sich:
Ich kann zwar über die Vertragslaufzeit einen unzufriedenen Kunden länger halten, aber es bleibt eben ein unzufriedener Kunde, schlimmer noch: Letztendlich steigt die Unzufriedenheit jeden Monat weiter an, wenn jeden Monat wieder eine Rechnung für eine Dienstleistung oder ein Produkt gestellt wird, dass der Kunde nicht mehr nutzen kann oder nutzen will. Da liegt es ein bisschen auf der Hand, dass uns dieser Kunde nicht unbedingt weiterempfehlen wird und nach seiner Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nie wieder Kunde werden wird.
Vielleicht denkt ihr auch gerade spontan an euren ehemaligen Mobilfunkanbieter oder an den leider noch laufenden Vertrag für das Kabelversehen, obwohl ihr längst nur noch Netflix nutzt.
Sinnvoller sind da weiche Austrittsbarieren: Der Kunde oder die Kundin könnte unkompliziert kündigen, macht es aber nicht, weil er oder sie beispielsweise Zeit in das Produkt investiert hat. Wenn ich etwa in Spotify etliche Playlists angelegt habe, meine Lieblings-Podcasts etc abonniert habe, dann werde ich nicht ohne weiteres zu Amazon Music wechseln, nur weil die gerade ein paar Euro günstiger.
Ich bin übrigens erst gestern über eine Meldung gestolpert, dass Spotify juristisch im Moment gegen Dienste vorgeht, mit denen ich meine Playlists zur Konkurrenz von Spotify übertragen kann, also wenn Ihr doch wechseln wollt, macht das am besten heute noch, dann logischerweise bitte nicht vergessen beim neuen Dienst wieder diesen Podcast zu abonnieren.
Spotify scheint hier tatsächlich einen Angriff auf das Geschäftsmodell zu sehen und sieht sich sogar genötigt, hier juristisch gehen diese Dienste vorzugehen.
Das heißt also, wenn ich dem Kunden ermögliche, das Produkt oder den Service auf seine Bedürfnisse hin anzupassen oder wenn das sogar automatisch passiert – Netflix und Spotify verstehen über die Zeit immer besser was mir gefällt und was nicht, habe ich eine schöne Wechselbarriere geschaffen — ohne den Kunden über eine lange Vertragslaufzeit binden zu müssen.
Das könnte zum Beispiel ein Grund sein, warum einige Stromversorger ihren Kunden ergänzende Smart Home-Services anbieten, die dann meine Hauselektronik in Abhänigkeit des Strompreises intelligent steuern – wenn ich das System einmal konfiguriert habe, werde ich nicht mehr so schnell den Anbieter wechseln.
Die zweite Option ist die Dialogstrategie. Hier versuche ich, ihr ahnt es schon, eine direkte Kommunikation aufzubauen, beispielsweise per Telefon oder per E‑Mail – ich habe vorhin ja schon die Möglichkeiten im Bereich der Marketing Automation angesprochen. Ziel ist es also, dem Kunden mit den richtigen Argumenten davon zu überzeugen, Kunde zu bleiben – etwa, indem plakativ aufgezeigt wird, welche Vorteile der Kunde verliert, wenn er den Vertrag kündigt. Wir haben bei die Erfahrung gemacht, dass Verlustangst ein unglaublich starker Hebel sein kann.
Als, sagen wir mal Handelsblatt, könnte ich zum Beispiel im Kündigungsprozess sinngemäß kommunizieren: Ok, wir haben verstanden, dass Sie Ihr Abo beenden möchten. Mit Ihrer Kündigung verlieren Sie Zugriff auf unsere aktuellen Inhalte und Hintergrundberichte, auf unser Archiv mit zwei Millionen Artikeln und Sie können unsere App nicht mehr nutzen. Möchten Sie diese Vorteile wirklich verlieren?
Die dritte Strategie ist die Kompensationsstrategie, mit der ich dann arbeiten kann, wenn der Kunde einen Nachteil erlitten hat, wenn also der Internetzugang ausgefallen ist, ein Onlinedienst nicht erreichbar war oder Ähnliches. Hier kann ich dem Kunden eine Gutschrift anbieten.
Cleverer ist es in vielen Fällen dem Kunden stattdessen beispielsweise für sechs Monate zusätzliche Services oder einen höherwertiges Abo ohne Aufpreis einzuräumen Während mich die Gutschrift Geld kostet, führt diese Taktik im Idealfall dazu, dass der Kunde nach den sechs Monaten nicht auf die zusätzlichen Vorteile verzichten möchte (Stichwort Verlustangst) und deshalb regulär und von sich aus in das höherwertige Abo wechselt.
Der Internetprovider könnte dem Kunden also als Kompensation für die Störung anbieten, für die nächsten sechs Monate die Zugangsgeschwindigkeit zu verdoppeln (na gut das dürfte in Deutschland in vielen Fällen schwierig werden aber naja) und darauf setzen, dass der Kunde nach den sechs Monaten diesen Vorteil nicht verlieren möchte und in den teureren Vertrag wechselt.
Aus einem unzufriedenen Kunden, der möglicherweise bald gekündigt hätte, kann so relativ einfach ein zufriedender Kunde mit einem höheren Kundenwert werden — was will man mehr?
Die vierte Option ist die Anreizstrategie, bei der ich letztendlich ähnlich vorgehe. Auch hier werden Gutscheine, Rabatte oder sonstige Anreize angeboten – aber eben nicht, weil es ein bestimmtes Problem gab wie bei der Kompensationsstrategie, sondern schlichtweg um den Kunden davon zu überzeugen, den Kündigungsvorgang abzubrechen oder seine Kündigung zurückzunehmen.
Ein schönes Beispiel hierfür ist der Kündigungsprozess bei Audible, das ist eine Amazon-Tochter, bei der die kunden Hörbücher abonnieren.
Wenn ich hier kündige, werden mir während des Kündigungsprozesses alternative Optionen angezeigt. Ich kann beispielsweise mein Abo kostenlos für einen bestimmten Zeitraum pausieren, was ja Sinn machen kann, weil ich vielleicht gerade keine Zeit habe Hörböcher zu hören. Oder ich kann mein Abo regulär fortführen, bekomme aber für drei Monate einen Preisnachlass auf die monatliche Gebühr.
Und hier kann man sich natürlich schön ausrechnen, wieviel mehr Umsatz entsteht, wenn nur, sagen wir mal 20 Prozent der Kunden, die eigentlich kündigen wollten, aufgrund dieser Taktiken doch noch in ihrem Vertrag bleiben.
Und ihr ahnt es schon: An der Stelle kann man natürlich wunderbar verschiedene Taktiken testen, um so herauszufinden, mit welchen Taktik ivh die Churn Rate am effektivsten reduzieren kann-
Das war ein kurzer Blick auf die vier wesentlichen Strategien zur Churn Prevention:
- Ich kann Austrittsbarieren schaffen
- ich kann mit dem Kunden in den Dialog gehen
- eine Kompensation anbieten
- oder Anzreize schaffen.
Oft werden die Taktiken natürlich auch kombiniert oder im zweitlichen Verlauf sozusagen hintereinander eingesetzt.
Fazit
Kommen wir zu einem Fazit der heutigen Folge.
Churn Prevention gewinnt an Bedeutung, unter anderem weil die Kundenakquisitionskosten kontinuierlich ansteigen.
Im ersten Schritt muss ich verstehen, warum Kunden überhaupt kündigen, also mit einer Churn Analyse nach Mustern zu suchen. Darauf aufbauend kann ein Modell zur Churn Prediction entwickelt werden, um anschließend Maßnahmen zur gezielten Churn Prevention zu entwickeln – beispielsweise, indem der abwanderungsgefährdete Kunde rechtzeitig und möglicherweise sogar automatisiert, Stichwort Marketing Automation, angesprochen wird oder indem ihm Anreize zur Fortführung des Vertragsverhältnisses angeboten werden.
Wichtig ist, dass Churn Prevention keine einzelne Maßnahme sondern ein fortlaufender Prozess ist – zumindest so lange, bis ich keinen einzigen Kunden mehr verliere, was wahrscheunlich nicht einmal das Finanzamt schafft.
Die heutige Folge war diesmal kürzer, einfach weil das Thema etwas trockener ist und ich natürlich Churn bei diesem Podcast verhindern möchte, wäre ja auch etwas ironisch, wenn ausgerechnet nach dieser Folge viele Hörerinnen und Hörer ihr Abo des Podcasts kündigen. Ich hoffe, dass ihr das nicht macht und weiter dabei bleibt oder vielleicht sogar den Podcast weiterempfehlt.
Aber wir sehen, dass Churn Prevention einfach ein wichtiges Thema ist, sicherlich nicht ganz so sexy ist wie Influencer Marketing auf Tiktok aber dafür können wir hier oft schon mit ganz einfachen Taktiken und ohne großartig Budget in die Hand nehmen zu müssen den Kunden länger halten und so den Umsatz oft deutlich erhöhen.
Noch besser wäre es natürlich, wenn der Kunde erst gar nicht auf die Idee kommt zu kündigen. Die Grundlage dafür ist eine hohe Kundenzufriedenheit, womit wir uns natürlich in den folgenden Ausgaben des CRM Podcast noch intensiver beschäftigen werden.
Bis dahin euch eine gute Zeit und bis zur nächsten Folge in einem Monat.