Die Coronalage in Deutschland könnte in den nächsten Monaten wieder kritisch werden, wenn nicht mehr Menschen von einer Impfung überzeugt werden. Wie aber lässt sich das Interesse an der Impfung erhöhen?
Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte verwundert es, dass offenbar wenig Erkenntnisse dazu vorliegen, wie eine Impfkampagne kommunikativ erfolgreich unterstützt werden kann. Warum werden nicht die Taktiken eingesetzt, die sich im (digitalen) Marketing längst bewährt haben?
Eine aktuelle Studie der Zeppelin Universität in Friedrichshafen demonstriert eindrucksvoll, wie etwa A/B‑Tests der Impfkampagne einen deutlichen Schub geben könnten:
In einem offiziellen Schreiben, das gemeinsam vom Bürgermeister und den Ärztlichen Direktoren unterzeichnet war, wurde die gesamte Stadtbevölkerung der über 18-Jährigen und damit rund 27.000 Personen zur Impfung gebeten und auf deren Vorteile hingewiesen. Die eine Hälfte der Adressatinnen und Adressaten erhielt dabei einen allgemein formulierten Brief, die andere Hälfte einen solchen, in dem sie persönlich zu „Ihrer Impfung“ eingeladen wurden.
Das Ergebnis ist beeindruckend: Die Gruppe, die persönlich angesprochen wurde, zeigte ein um 39 Prozent erhöhtes Interesse an der Impfung. Umgerechnet auf die gesamte Bevölkerung, so die Studienautoren, könnte ein solches Vorgehen dazu führen, dass bis zu 2,8 Millionen Menschen zusätzlich Interesse an einer Impfung haben.
„Die Befunde der vorliegenden Studie veranschaulichen, dass es für das Ziel einer hohen Impfbereitschaft nützlich ist, wenn Politik und Verwaltung aktiv auf die Bevölkerung zugehen“, fasst Dr. Florian Keppeler vom Lehrstuhl für Public Management & Public Policy an der ZU die Studie zusammen.
Als besonders erfolgversprechend sieht er die direkte Ansprache der Bürgerinnen und Bürger ebenso an wie das Einbinden von Personen, „die vor Ort in der Regel eine hohe Reputation beziehungsweise Vertrauen genießen wie im vorliegenden Fall der Bürgermeister und die örtlichen Klinikchefs“. Wichtig sei es zudem, Impfinteressierten gegenüber den Zugang zu Informationen und Impfterminen zielgruppengerecht zu kommunizieren und überhaupt „so einfach wie möglich zu halten“.
Im Detail:
We conducted a large-scale, cluster randomized field experiment (N=27,298 citizens nested in 6,442 addresses) delivered to citizens via an official letter of the local administration. The letter includes a psychological ownership intervention designed to boost citizens’ willingness to get vaccinated. Findings suggest adding possessive pronouns, i.e., “YOUR vaccination”, can increase vaccination willingness from 6.4% in the control letter without textual amendments to 8.9% in the treatment condition – a 2.5 percentage points difference (39%; p < .001 [95% CI=1.8%, 3.3%]).