Die emarsys eMarketing Systems AG aus Wien ist ein Anbieter von E‑Mail-Marketing- und E‑Mail-Deliveverability Lösungen und Dienstleistungen im deutschsprachigen Raum. Ich habe dem Marketingleiter Daniel Harari (Xing) einige Fragen zur Zustellung im E‑Mail Marketing gestellt.
Herr Harari, die Zustellung von E‑Mails, bzw. die False Positive Problematik, wird häufig als eine der größten Herausforderungen im E‑Mail Marketing bezeichnet. Warum kommt es überhaupt zu Zustellungsproblemen?
Daniel Harari: Eine der Hauptgründe für schlechte Zustellraten ist die sogenannte „Sender Reputation“, i.e. das Ansehen des Versenders bei den Providern und einflussreichen Blacklist-Betreibern. Das Ansehen wird durch die Anzahl der Beschwerden seitens der E‑Mail-Empfänger beeinflusst – je mehr Beschwerden, desto schlechter das Ansehen.
Weitere Gründe sind auch mangelhafte technische Konfiguration der eingesetzen Mailserver, ungültige E‑Mail-Adressen, die nicht bereinigt werden und Spam-verdächtige Inhalte der E‑Mailings.
Oft werden E‑Mail-Kampagnen auch blockiert, weil sie die internen Empfangsquoten des jeweiligen Providers übersteigen. Unternehmen, die Listen kaufen oder von unseriösen Anbietern anmieten, kommen auch in die Gefahr von Spamfallen. Spamfallen sind einzelne E‑Mail-Adressen, die von einigen Spamfilter-Betreibern ins Netz gestellt werden, ohne sich mit ihnen für irgendeinen Mail-Dienst anzumelden. Tauchen diese Adressen trotzdem in einem Mail-Versand auf, so wird zurecht angenommen, dass sie auf unrechte Weise in die Empfängerliste geraten sind und der Absender wird blockiert.
Wie groß ist das Problem tatsächlich? Gibt es Branchen oder Themen, die von der Problematik besonders betroffen sind?
Daniel Harari: Unternehmen, die keinen E‑Mail Service Provider verwenden, der sich nachweisbar um optimale Zustellraten kümmert, können damit rechnen, dass ein signifikanter Prozentsatz ihrer Mails entweder im Spam-Ordner des Empfängers landen oder sogar komplett blockiert werden. So sehen wir, dass Unternehmen, die keine emarsys Kunden sind und Delivery Watch das erste Mal einsetzen, eine durchschnittliche False-Positive Rate von 20 Prozent aufweisen.
Unternehmen im B2C-Bereich, vor allem in den Branchen Einzelhandel/E‑Commerce, weisen die häufigsten Zustellprobleme auf, zum Teil weil in diesen Branchen am ehesten in aggressivere Massnahmen zur Adressgenerierung investiert wird, wobei die Permission-Kriterien dabei oft auf der Strecke bleiben. Online Glückspiel- und Wettanbieter, sowie Erotikportale spielen in einer eigenen Zustellbarkeitsliga.
Welche Aspekte sollten Marketer beachten, damit die versendeten Mails problemlos zugestellt werden?
Daniel Harari: Marketer sollten vor allem darauf achten, dass die Kriterien des Permission-Marketing und der geltenden Rechtssprechung strikt eingehalten werden, d.h. nur an Adressen mit Zustimmung versenden und immer eine einfache Möglichkeit zum Abmelden bieten, die auch funktionierten sollte. Nur so können hohe Beschwerderaten und eine schlechte Sender Reputation vermieden werden. Sollten Empfänger-Beschwerden doch auftreten, so müssen diese sofort bearbeitet werden. Ebenfalls wichtig ist die Bereinigung der Empfängerliste von ungültigen E‑Mail-Adressen und die Überprüfung der E‑Mails auf Spam-verdächtige Inhalte vor dem Versand.
Von der technischen Seite sollten allerdings alle wichtigen Vorkehrungen bereits getroffen sein: Entweder man verwendet einen E‑Mail-Service-Provider, der eine einwandfreie Versandumgebung anbietet, oder man kümmert sich selber um die korrekte Mailserver-Konfiguration, Absender-Authentifizierung, ISP-individuelle Versanddrosslung, Server- und Domain-Whitelisting, automatisches Bounce-Management, etc.
Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach in diesem Zusammenhang die Teilnahme an Whitelist-Projekten, wie beispielsweise der Certified Senders Alliance?
Daniel Harari: Whitelisting ist sehr wichtig, jedoch sollte man die wichtigsten Provider seiner Empfänger schon kennen, bevor man sich entscheidet. Eine Teilnahme bei der Certified Senders Alliance bringt wenig, wenn der Grossteil der Liste aus Hotmail- und Yahoo-Adressen besteht. Auf der anderen Seite nutzt eine „SenderScore Certified“-Teilnahme nichts, wenn die meisten Empfänger bei GMX, Web.de oder T‑Online zu finden sind.
Mit Delivery Watch bieten Sie eine Lösung an, mit der Unternehmen die Zustellbarkeit ihrer Mails überprüfen und optimieren können. Häufig sind entsprechende Funktionen (False Positive Check o.ä.) bereits Bestandteil der eingesetzten E‑Mail Marketing Lösung. Welchen Mehrwert bieten Sie Ihren Kunden im Vergleich zu diesen Standard-Features?
Daniel Harari: Ich bin ein grosser Fan solcher Features, da sie den Anwendern der E‑Mail-Marketing-Lösung einen einfachen Weg bieten, zu erkennen, ob ihre E‑Mails Spam-verdächtige Inhalte haben. Einige bieten sogar eine Überprüfung von der Zustellbarkeit zu ausgesuchten Providern. Delivery Watch selbst ist ein eigenes Unternehmen, welches eine dem Thema Zustellbarkeit gewidmete SaaS-(Software as a Service) Applikation anbietet und betreibt.
Mit Delivery Watch lässt sich vor dem Versand nicht nur der Inhalt der E‑Mail-Kampagne auf Spam-Verdacht testen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit von den gängigsten Spamfilter-Anbietern, wie Brightmail, McAfee, Norton, Postini, etc. blockiert zu werden. Zusätzlich ermöglicht Delivery Watch die Überwachung der Provider-Zustellbarkeit (insgesamt mehr als 40 ISPs, aufgeteilt nach Regionen und Ländern) beim eigentlichen Versand, welches im Gegensatz zu einem Check vor dem Versand auch die Mengenfilter der einzelnen Provider reflektiert. Weitere Features wie Server-Konfigurations-Check, Blacklist-Monitoring und ausführliche Analyse- und Benchmark-Tools runden das Angebotsportfolio ab.
Wie hat sich die Zustellbarkeit in 2008 entwickelt? Glauben Sie, dass sich das Problem weiter verschärfen wird oder ist mit einer Entspannung zu rechnen, da sich E‑Mail Marketer zunehmend mit dem Thema beschäftigen?
Daniel Harari: Waren davor vor allem technische Vorkehrungen und das Vermeiden von Spam-verdächtigen Inhalten die wichtigsten Waffen, so hat im Laufe des Jahres 2008 vor allem der Faktor der Sender Reputation sehr stark ein Einfluss gewonnen, was die Zustellbarkeit von E‑Mails betrifft. Von einer Entspannung ist derzeit noch nichts zu merken, den gerade die Sender Reputation ist sehr labil, und kann sehr schnell von Status „gut“ auf „schlecht“ umschwingen, wenn sich in einem kurzen Zeitraum ein paar Empfänger mehr als sonst beschweren.
Herr Harari, vielen Dank für das Interview!