Interview mit Falco Henkel: Die Rechtslage im E‑Mail Marketing

Falco Henkel ist Inhaber der Kölner Rechtsanwaltskanzlei Henkel und spe­zia­li­siert auf das Recht der neuen Medien und des gewerb­li­chen Rechtsschutzes (Marken- und Wettbewerbsrecht). Näheres zur Person und Kanzlei, sowie aktu­elle Informationen zum Internetrecht und mehr fin­den sich auf sei­ner Homepage.

Im Interview mit dem EmailMarketingBlog.de hat Herr Henkel aus­führ­lich wich­tige recht­li­che Aspekte im E‑Mail Marketing erläutert.

Seriöses E‑Mail Marketing funk­tio­niert nur mit der Einwilligung der Adressaten. Welche Aspekte soll­ten beim Einholen der Erlaubnis berück­sich­tigt werden? 

Falco Henkel: Beim Versenden von Werbe-E-Mails (auch Newsletter) müs­sen vor allem vier Aspekte beach­tet wer­den. Erstens die aus­drück­li­che Einwilligung, zwei­tens die Validierung der ange­ge­be­nen E‑Mail-Adresse, drit­tens die Protokollierung der Einwilligung und vier­tens die Einräumung einer jeder­zei­ti­gen Widerrufsmöglichkeit.

Die Einwilligung über die Zusendung von Werbe-E-Mails ist durch den Adressaten aus­drück­lich und geson­dert von der Zustimmung zu ande­ren Vertragsbestandteilen zu erklä­ren. Ein Verfahren, bei dem eine Einwilligung vor­aus­ge­setzt wird, die erst bei einem Widerspruch als nicht erteilt gilt (Opt-Out), ist unzu­läs­sig. Die ein­zig rechts­kon­forme Ausgestaltung der Einwilligung ist daher die aus­drück­li­che Bestätigung einer ent­spre­chen­den Klausel (Opt-In). Dies kann mit­tels geson­der­ter Unterschrift unter der Klausel oder durch deren Ankreuzen geschehen.

Weitere Anforderungen bestehen vor allem hin­sicht­lich einer online erteil­ten Einwilligung. Inhaltlich hat eine Einwilligungsklausel klar und ver­ständ­lich dar­zu­le­gen, zu wel­chen (Marketing-) Maßnahmen der Adressat seine Zustimmung erteilt. So ist z.B. anzu­ge­ben, in wel­cher Häufigkeit ein Newsletter erscheint, wem gegen­über die Einwilligung erfolgt und zumin­dest grob, mit wel­chen (Werbe-) Inhalten der Adressat zu rech­nen hat. Nur so kann sicher­ge­stellt wer­den, dass der Adressat seine Einwilligung bewusst und ein­deu­tig erteilt hat.

Neben der aus­drück­li­chen Einwilligung muss auch sicher­ge­stellt wer­den, dass der Erklärende tat­säch­lich der Inhaber der ange­ge­be­nen E‑Mail-Adresse ist. In der Rechtsprechung ist es aner­kannt, dass dies durch Zusendung einer Begrüßungs-E-Mail mit einem Bestätigungs-Link erreicht wer­den kann. Die ers­ten (Werbe-) E‑Mails erhält der Adressat erst dann, wenn er mit­tels Klick auf den zuge­sand­ten Bestätigungs-Link ein zwei­tes Mal seine Zustimmung erteilt (Double Opt-In). Eine unge­fragt erhal­tene Begrüßungs-E-Mail stellt nach aktu­el­ler Rechtsprechung noch keine unzu­mut­bare Belästigung dar, solange diese selbst kei­nen wer­ben­den Charakter hat und deut­lich als Bestätigungs-E-Mail zu erken­nen ist. Die Begrüßungs-E-Mail sollte zudem alle rele­van­ten Informationen ent­hal­ten, aus denen noch­mals her­vor­geht, zu wel­chen (Marketing-) Maßnahmen der Adressat durch Klick auf den Bestätigungs-Link einwilligt.

Die Erteilung der Einwilligung muss pro­to­kol­liert wer­den. Wird die Einwilligung auf elek­tro­ni­schem Wege erteilt, so ist die Protokollierung bereits gesetz­lich vor­ge­schrie­ben, aber auch in allen ande­ren Fällen emp­fiehlt sich die Protokollierung, da den Versender der E‑Mails im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast trifft. Die Protokollierung erfolgt also im eige­nen Interesse. Wird die Einwilligung auf elek­tro­ni­schen Wege erklärt, so muss der Adressat den Inhalt sei­ner Einwilligung jeder­zeit abru­fen kön­nen, dies kann dadurch gewähr­leis­tet wer­den, dass die Begrüßungs-E-Mail den Inhalt der Einwilligung ent­hält und der Adressat es selbst in der Hand hat, diese Informationen dau­er­haft abzuspeichern.

Schließlich muss der Adressat jeder­zeit die Möglichkeit haben, seine Einwilligung zurück­zu­neh­men. Über die­ses zeit­lich unbe­grenzte Widerrufsrecht ist der Adressat vor der Abgabe der Einwilligung zu unter­rich­ten. Anschließend muss ein ent­spre­chen­der Hinweis jeder E‑Mail ange­fügt wer­den, zusam­men mit einer Erklärung, auf wel­che Weise das Widerrufsrecht aus­ge­übt wer­den kann. Auf wel­che Weise der Widerspruch erfol­gen soll, kann in gewis­sen Grenzen fest­ge­legt wer­den, es dür­fen aber keine unnö­ti­gen Hürden auf­ge­baut wer­den. Nicht gestat­tet ist z.B., den Widerspruch nur über eine Mehrwertdienstruf- oder Faxnummer zu ermög­li­chen. Am kun­den­freund­lichs­ten ist es, jeder E‑Mail einen Link für die Abbestellung anzufügen.

Viele Unternehmen erhe­ben per­so­nen­be­zo­gene Daten, um per­so­na­li­sierte Newsletter zu ver­schi­cken. Worauf sollte dabei geach­tet werden?

Falco Henkel: Personenbezogene Daten dür­fen grund­sätz­lich nicht erho­ben wer­den, soweit keine gesetz­li­che Gestattung oder eine Einwilligung der Betroffenen vor­liegt. Zum Zweck des E‑Mail-Marketings bedarf es immer der zuvor beschrie­be­nen aus­drück­li­chen Einwilligung der Adressaten. Sollen die Daten, neben der Verwendung im Rahmen des E‑Mail-Marketings, auch zu ande­ren Werbezwecken genutzt wer­den, so ist es sinn­voll, deut­lich zwi­schen die­sen Bereichen zu tren­nen. So gibt es Werbeformen, für die keine Einwilligung nötig ist oder für die eine Einwilligung im Rahmen von AGB oder Datenschutzerklärung mit­tels Opt-Out ein­ge­holt wer­den kann. In jedem Fall gel­ten die Grundsätze der Datenvermeidung, Datensparsamkeit und Zweckbindung der Daten. Die Erhebung von Daten ist daher auf ein not­wen­di­ges Minimum zu begrenzen.

Im Rahmen des E‑Mail-Marketings ist in der Regel nur die Erhebung der E‑Mail-Adresse not­wen­dig. Im Übrigen ist es den Adressaten zu ermög­li­chen, die Anmeldung anonym oder unter Pseudonym vor­zu­neh­men. Bei der Erhebung der Daten ist daher aus­drück­lich dar­auf hin­zu­wei­sen, dass die Angabe von wei­te­ren Daten frei­wil­lig erfolgt. Die Daten dür­fen im Folgenden nur zu den Zwecken benutzt wer­den, über die der Adressat vor Abgabe sei­ner Einwilligung infor­miert wurde.

Der Adressat ist zudem auf seine Rechte auf Berichtigung, Sperrung und Löschung der Daten, sowie auf sein Auskunftsrecht bezüg­lich gespei­cher­ter Daten hin­zu­wei­sen. Daneben bestehen eine Reihe von Vorschriften, die sich auf die Handhabung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten bezie­hen, so ist durch tech­ni­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Maßnahmen sicher zu stel­len, dass die daten­schutz­recht­li­chen Vorgaben ein­ge­hal­ten wer­den und die Datensicherheit gewähr­leis­tet wird. Unter Umständen ist ein Datenschutzbeauftragter zu ernennen.

Wie ver­hält es sich mit E‑Mails an bestehende Kunden — muss hier eben­falls die Erlaubnis ein­ge­holt werden? 

Falco Henkel: Grundsätzlich ja. Ausnahmen lässt das Wettbewerbsrecht nur in engen Grenzen zu. Hat ein Kunde eine Ware oder Dienstleistung bestellt und eine E‑Mail-Adresse ange­ge­ben, so ist dies­be­züg­lich selbst­ver­ständ­lich eine E‑Mail-Kommunikation zuläs­sig. Sollen dar­über hin­aus E‑Mails mit wer­ben­den Charakter ver­sen­det wer­den, so ist dies ohne aus­drück­li­che Einwilligung nur gestat­tet, wenn der Versender die erhal­tene E‑Mail-Adresse zur Direktwerbung für eigene ähn­li­che Waren oder Dienstleistungen ver­wen­det. Dabei sind einige Fallstricke zu beach­ten, so ist es eine Frage des Einzellfalls, ob die bewor­bene Ware oder Dienstleistung der des Grundgeschäfts ent­spricht und kei­nes­falls dür­fen Waren oder Dienstleistungen Dritter bewor­ben werden.

Zudem muss der Kunde bereits bei Abschluss des Grundgeschäfts und anschlie­ßend in jeder neuen E‑Mail dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass er der Verwendung sei­ner Daten für der­ar­tige Werbung jeder­zeit wider­spre­chen kann. Hinsichtlich des Widerspruchs gilt das zuvor zum Widerspruch nach erteil­ter Einwilligung gesagte. Um über­flüs­si­gen Rechtsstreitigkeiten zu ent­ge­hen, sollte auch bei Bestandskunden eine aus­drück­li­che Erlaubnis ein­ge­holt werden.

Gibt es unter recht­li­chen Gesichtspunkten Unterschiede zwi­schen E‑Mail-Marketing im B2C- und B2B-Bereich? 

Falco Henkel: Wesentliche Unterschiede bestehen nicht mehr. Während frü­her einige Gerichte im B2B-Bereich unter bestimm­ten Umständen eine mut­maß­li­che Einwilligung des Empfängers annah­men, fin­det diese Rechtsauffassung heute kei­nen Halt mehr. In der Neufassung des Gesetzes gegen den unlau­te­ren Wettbewerb wird unter­schieds­los eine aus­drück­li­che Einwilligung gefor­dert, die Möglichkeit einer mut­maß­li­chen Einwilligung im B2B-Bereich wird nur noch bezüg­lich der Telefonwerbung genannt.

Websites von Unternehmen müs­sen ein voll­stän­di­ges Impressum ent­hal­ten. Gilt die Impressumfspflicht auch für Newsletter? 

Falco Henkel: Ja; wäh­rend häu­fig über die handels- und gesell­schafts­recht­li­chen Pflichtangaben bei geschäft­li­chen Emails dis­ku­tiert wurde, ist es eine wenig beach­tete Tatsache, dass Werbe-E-Mails unter den Begriff der Telemedien fal­len und damit unter die Impressumspflicht nach § 5 TMG. In der Gesetzesbegründung zum Telemediengesetz, heißt es hierzu: „Unter „Telemediendienste“ fal­len […] die kom­mer­zi­elle Verbreitung von Informationen über Waren-/Dienstleistungsangebote mit elek­tro­ni­scher Post (z.B. Werbe-Mails)“.

Welche Angaben müs­sen im Impressum auf­ge­nom­men wer­den? Reicht es aus, wenn das Impressum ver­linkt wird oder müs­sen sämt­li­che Daten direkt im Newsletter auf­ge­nom­men werden?

Falco Henkel: Die Angaben des Impressums sol­len dem Adressaten eine schnelle Kontaktaufnahme ermög­li­chen und einer genauen Identifizierung des Absenders die­nen. Entsprechend sind der (Firmen-)Name inklu­sive Rechtsformzusatz, die Anschrift sowie die Namen der ver­tre­tungs­be­rech­tig­ten Personen zu nen­nen. Aber auch die Umsatzsteueridentifikationsnummer und falls vor­han­den die Wirtschaftsidentifikationsnummer sowie Registernummern (Handelsregister, Vereinsregister etc.) sind auf­zu­füh­ren. Um eine schnelle Kontaktaufnahme zu ermög­li­chen, ist die E‑Mail-Adresse anzu­ge­ben, ob dar­über hin­aus eine Telefonnummer ange­ge­ben wer­den muss, ist strei­tig. Diese Frage liegt zur Zeit dem euro­päi­schen Gerichtshof zur Entscheidung vor. Da die Entscheidung noch aus­steht, sollte vor­sorg­lich eine Telefonnummer ange­ge­ben werden.

Weitere Angaben sind von Kapitalgesellschaften zum Stamm- oder Grundkapital und zu aus­ste­hen­den Einlagen zu machen, bei zulas­sungs­pflich­ti­gen Tätigkeiten ist die Aufsichtsbehörde zu nen­nen, bei ver­kam­mer­ten Berufen die zustän­dige Kammer, die Berufsbezeichnung, sowie die berufs­recht­li­chen Regelungen. Beinhalten die E‑Mails journalistisch-redaktionelle Inhalte, so sind die für die Inhalte ver­ant­wort­li­chen Personen zu nennen.

Zu der Frage ob die Angaben des Impressums auch per Link in die E‑Mail auf­ge­nom­men wer­den kön­nen, lie­gen noch keine gericht­li­chen Entscheidungen vor. In der juris­ti­schen Literatur wird diese Frage zur­zeit kon­tro­vers dis­ku­tiert. Die Befürworter der Link-Lösung nen­nen zum einen prag­ma­ti­sche Gründe, wie die Aktualität der Informationen, die auf einer zen­tra­len, ver­link­ten Seite im Internet gewähr­leis­tet wäre und die Übersichtlichkeit, da bei län­ge­ren Impressi die E‑Mail über­frach­tet wer­den würde. Zum ande­ren wird die Zulässigkeit der Link-Lösung mit einem Vergleich zur Rechtsprechung über Erkennbarkeit und Erreichbarkeit eines Impressums im Internet begrün­det, da es dort aus­rei­chen soll, einen deut­li­chen Link zu setzen.

Die Gegner der Link-Lösung füh­ren vor allem die struk­tu­rel­len Unterschiede zwi­schen einer dyna­mi­schen Internetseite und einer sta­ti­schen E‑Mail an. So soll das Impressum auf der Internetseite Auskunft über den momen­ta­nen Stand geben, wäh­rend die Angaben in der Email das Impressum zum Zeitpunkt der Erstellung der Email wie­der­ge­ben sol­len. Zudem sei bei einer Link-Lösung der unmit­tel­bare Zugriff nicht gewährt, da aus tech­ni­schen Gründen der Link mög­li­cher­weise nicht abge­ru­fen wer­den könne. Beide Ansichten sind ver­tret­bar, in jedem Fall rechts­si­cher ist die zweite Ansicht, nach der das Impressum voll­stän­dig in die E‑Mail auf­ge­nom­men wird, bis zu einer gericht­li­chen Entscheidung in die­ser Frage ist diese Vorgehensweise zu empfehlen.

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