Haben Sie sich schon einmal Ihren Newsletter durch die Kundenbrille angesehen? Im Unterschied zur häufigen Vorgehensweise habe ich eine qualitative Analyse in der „natürlichen“ Umgebung eines E‑Mail-Programms durchgeführt.
Mit den fünf Tipps zum Aufbau von Newslettern optimieren Sie Ihre Konversion Ihrer nächsten Newsletter einfach und effizient.
Bevor ich in die Details des Tests einsteige, mo?chte ich mich vorab etwas mit der Theorie beschaäftigen.
Welche Vorteile hat ein qualitativer Eyetracking-Test?
Leider viel zu selten werden Gestaltungen von Newslettern üerhaupt im Eyetracker getestet. In der heutigen Zeit scheinen viele Kunden eher dem quantitativen Split- oder Multivariaten-Testing-Wahn verfallen zu sein und dies als Allheilmittel zu sehen.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Testing ist wichtig und absolut nötig.
Häufig wird jedoch vorschnell gesagt: „Das können wir doch schnell testen“, anstatt erst einmal den geplanten Newsletter einer kurzen qualitativen Analyse zu unterziehen und anschließen den quantitativen Test (also den Versand von Varianten) durchzuführen.
Wenn Newsletter vorab üerhaupt den Prozess einer qualitativen Analyse durchlaufen, werden meistens Screenshots der Newsletter-Gestaltung im Eyetracker untersucht. So lassen sich die Ideen der Gestaltung qualitätssichern und man kann feststellen, ob die gewünschten Elemente vom Nutzer wahrgenommen werden.
Das Problem bei dieser Art der Betrachtung ist jedoch, dass dies nicht dem typischen Nutzungsverhalten von echten Newsletter-Empfängern entspricht. Keiner der Empfänger wird jemals den Newsletter ohne sein E‑Mail-Programm sehen. Viele Elemente stehen dort in der Realität in Konkurrenz zum eigentlichen Newsletter.
Welche weiteren Probleme bestehen bei der Gestaltung eines Newsletters?
Ein häufig vernachlässigter Punkt bei der Newsletter-Gestaltung ist die Tatsache, dass der Nutzer je nach Mail-Programm-Einstellung — erst die Bilder des Newsletters nachladen muss, bevor die Emotionalita?t der Gestaltung ihre Wirkung entfalten kann.
Dies führt zur spannenden Erkenntnis, dass bereits die Version des Newsletters ohne Grafiken dazu führen muss, den Nutzer entsprechend stark emotional zu triggern um dafür zu sorgen, dass er das Laden der Grafiken startet. Das Ermitteln der Öffnungsrate erfolgt in den Analytics-Systemen ebenfalls über das Laden einer Zähl-Grafik.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viele Nutzer Ihren Newsletter geöffnet haben, jedoch die Grafiken nicht nachgeladen haben? Oder mit anderen Worten: Wie hoch liegt also die Dunkelziffer der Nutzer, die ihren Newsletter öffnen, aber diesen in der ungestalteten Variante nicht emotionalisierend genug finden, um ihn in Gänze anzusehen?
Nun genug der Theorie und starten wir mit der Praxis:
Der Testaufbau
Der Test wurde mit einem Panel von 15 Probanden im Alter von 25 — 65 Jahren durchgeführt (7 Frauen und 8 Ma?nner). Die Nutzer sahen einen der Newsletter als Screenshot für jeweils fünf Sekunden jeweils unterbrochen durch ein 3 Sekunden Rauschen zur Neutralisierung der Blickposition.
Allen Nutzen war bekannt, dass es sich um Newsletter von Optikern handelt. Vorab wurden ein Screenshot des Mail-Programms für mindestens 30 Sekunden gezeigt, damit sich der Leser orientieren konnte. Der eigentliche Test startete auf Knopfdruck durch den Probanden. Die Reihenfolge der Screenshots wurden pro Proband zufällig ermittelt.
Die Testkandidaten
Folgende Screenshots wurden den Nutzern im eigentlichen Test gezeigt:
Brille 24.de Newsletter
Der Brille24.de Newsletter ist sehr stark text-orientiert und arbeitet ansonsten mit Produkt-Bildern und einem entsprechenden Primär-Keyvisual. Weiterhin gibt es viele Links.
Schauen wir uns die Version des Newsletters ohne geladene Bilder einmal an:
Hier sieht man deutlich, dass die Version, bis auf die grafischen Elemente noch komplett lesbar ist.
Netzoptiker-Newsletter
Der Netzoptiker-Newsletter ist komplett grafisch gestaltet. Er hat einen Kopfbereich und ist mit einer link-rechts wechselnden Produktgestaltung erstellt. Bei diesem Newsletter stehen Produkt-Abbildungen und Rabatte im Vordergrund.
Schauen wir uns in diesem Fall den Newsletter ohne Grafiken an, bietet sich uns folgendes Bild:
Mister SPEX — Newsletter
Dieser Newsletter hat ein sehr großes Keyvisual im oberen Bereich und arbeitet zusa?tzlich mit echten Textinformationen unterhalb dieses Keyvisuals.
Lassen wir hier die Grafiken weg, sieht der Newsletter wie folgt aus:
Die Ergebnisse
Werfen wir einen Blick auf die Ergebnisse des Eyetracker-Tests:
Brille24.de Newsletter
Man sieht deutlich, wie unterschiedlich die Nutzer auf die Screenshots reagieren. In der Version des Newsletters ohne Bilder konzentrieren sich die Blicke deutlich weniger auf einen bestimmten Punkt. Man merkt, dass der Nutzer einen Punkt sucht, an dem er sich festhalten kann. Deutlich wird, dass die Betreff-Zeile (oberhalb des Newsletters) von dem Nutzer nur in der Version ohne Bilder gesehen wird. In der anderen Version „überstrahlt“ das Keyvisual diesen Bereich deutlich.
Weiterhin fällt auf, dass die Nutzer (100% Outlook 2003-Nutzer) den Hinweistext zum Nachladen der Bilder in den einzelnen Bildern mehrfach lesen. Eine für den Newsletter völlig unnötige Information, die für jedes Bild angezeigt wird. Der eigentliche Text jedoch wird in den ersten 5 Sekunden jedoch kaum wahrgenommen.
4 von 15 Probanden gaben an, die Grafiken des Newsletters nachladen zu wollen und 3, dass sie den Newsletter lesen wu?rden, nach dem die Grafiken geladen wurden. Als Begründung gaben die Probanden an, dass der Newsletter als wenig attraktiv und „nicht hochwertig“ genug wahrgenommen wurde.
Netzoptiker-Newsletter
In der Version ohne Bilder bietet sich ein a?hnliches Bild wie bei dem Brille24 Newsletter. Das Auge des Betrachters sucht nach Haltepunkten. Der Fokus der Betrachtung liegt ebenfalls auf dem Betreff des Newsletters. Da kein echter Textinhalt vorhanden ist, „haängt“ sich das Auge an den Hinweistexten der Grafiken auf. Dies wird „unterstützt“ durch die hohe Anzahl an Einzelgrafiken im Kopfbereich.
Die Version mit Grafiken stellt sich interessanter Weise gar nicht so stark unterschiedlich dar. Zumindest was die Blickpositionen und Dauer angeht. Hier ist allerdings von einer zufälligen Überlagerung auszugehen. Die Version mit Bildern wird deutlich gezielter wahrgenommen. Die Nutzer scannen den oberen Bereich des Newsletters mit Logo, Qualita?tsversprechen, Claim, Visual und Sicherheitselementen. Die Texte und Rabatt- Symbole werden jedoch kaum wahrgenommen.
7 von 15 Probanden gaben an, den Newsletter nachladen zu wollen, um herauszufinden, was sich hinter den nicht vorhandenen Bilder versteckt. Nach dem Laden waren viele der Probanden jedoch entta?uscht. So gaben nur 6 Nutzer an, den Newsletter lesen zu wollen. Der ha?ufigste Kritikpunkt war, die fehlende Strukturierung der Inhalte und der unklare Aufbau der Seite.
Mister SPEX Newsletter
In diesem Newsletter ist in der Version ohne Bilder die Wahrnehmung der Nutzer etwas anders. Sie nehmen die Betreff-Zeile als erste Orientierungshilfe und hängen sich auch etwas an den Hinweistexten auf. Trotzdem wird der Text des Newsletters innerhalb der ersten 5 Sekunden deutlich wahrgenommen.
In der gestalteten Version zeigt sich ein komplett anderes Bild. Der eigentliche Text des Newsletters wird gar nicht mehr wahrgenommen. Die Blicke konzentrieren sich komplett auf das Primär-Keyvisual.
13 der 15 Probanden gab an, die Grafiken des Newsletters nachladen zu wollen. Nach dem Laden der Grafiken gaben 12 Nutzer an, den Newsletter weiterlesen zu wollen. Die Begründung: hohe Emotionalisierung durch interessantes Visual.
5 Dinge, die Sie aus diesem Test lernen können
1. Nutzen Sie einen emotionalisierende Betreff
Ein emotionalisierender Betreff regt zum Öffnen der Voransicht der E‑Mail an. Weiterhin ist er notwendig, um den Nutzer bei automatischer Vorschau zu überzeugen, die Grafiken nachzuladen.
2. Integrieren Sie lesbaren Text im sichtbaren Bereich des Newsletters
Über die Integration von echtem HTML-Text in Ihren Newslettern können Sie Nutzer dazu überzeugen, die Grafiken nachzuladen. Der Mister SPEX Newsletter ist in meinen Augen ein ideales Beispiel, wie man emotionalisierenden Text in die Gestaltung einbauen kann, ohne dass der Ersteindruck bei geladenen Bildern gestört wird.
3. Arbeiten Sie nicht mit zu vielen kleinen Bildschnippseln
Achten Sie bei dem zerschneiden des Layouts für die HTML Umsetzung darauf, mo?glichst wenige Einzelstücke zu erzeugen. Da jede nicht geladene Grafik den Hinweistext in Outlook anzeigt, wird dieser unter Umsta?nden sehr ha?ufig angezeigt und „erschlägt“ den Nutzer beim Scannen der Seite. Helfen Sie ihm durch wenige Bilder oberhalb des echten Textes. Der Leser wird es Ihnen danken.
4. Achten Sie auf eine strukturierte Gestaltung
Durch eine strukturierte Gestaltung mit klaren Bereichen beno?tigt der Nutzer zum Verstehen weniger Gehirnleistung. Kein Leser möchte viel Hirnleistung investieren, um Ihren Newsletter zu verstehen.
5. Arbeiten Sie mit emotionalisierenden Bildern
Je emotionalisierender die Bilder des geladenen Newsletters sind, desto höher ist im allgemeinen die Involvierung des Nutzers und damit die Bereitschaft die gewünschte Call-to-Action durchzuführen. So alt der Spruch „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ auch sein mag, in der Newsletter-Gestaltung stimmt er mehr denn je. Nutzen Sie die Macht der Bilder für Ihre Konversion.
Ich wünsche viel Erfolg beim Optimieren Ihrer Newsletter und freue mich auf eine spannende Diskussion mit Ihnen.
Über den Autor
Torsten Hubert beschätigt sich seit zehn Jahren intensiv mit Webmarketing, ist Google Advertising Professional und besitzt die Google Analytics Individual Qualification. Als Senior-Consultant bei dem Conversion-Spezialisten Web Arts AG hat er sich dort auf Webmarketing und Landingpage-Optimierung spezialisiert.